Die Abo-Reihe des MKO steht in dieser Saison unter dem Motto „Kindheit“. Das gab mir den Denkanstoß, zu einem viel diskutierten Thema, das sich auf dieses Motto bezieht. Leider wird der Text wahrscheinlich nicht so lustig, wie es der Titel vermuten lässt.
Es geht um Personen, die der Cellist János Starker als „dressierte Affen“ bezeichnete: Um Wunderkinder! Oder genauer gesagt, um den Wunsch, diese heranzuziehen. Es gibt viele Beispiele, bei denen dieses Streben tragisch endete: Ich denke zum Beispiel an Josef Hassid, einen Geiger, dessen Begabung schon sehr früh entdeckt wurde. Mit gerade einmal zwölf Jahren nahm er als jüngster Teilnehmer am großen Wieniawski-Wettbewerb teil und gewann einen Sonderpreis. Wenige Jahre später spielte er heute noch legendäre Aufnahmen ein. Fritz Kreisler sagte einmal: „Ein Heifetz wird alle 100 Jahre geboren, ein Hassid nur alle 200.“ Er zeigte jedoch schon früh Anzeichen von Gedächtnisverlust und Depressionen, wobei die Bestrebungen der Eltern und der Stress des Musikbetriebes sicher nicht sehr hilfreich waren, wenn nicht sogar die Ursache dafür, dass dieses musikalische Phänomen so dramatisch endete. Denn mit noch nicht einmal 30 Jahren wurde er aufgrund dieser psychischen Probleme in eine Nervenheilanstalt eingewiesen und verstarb dort auf tragische Weise an einer Gehirnoperation. Ein weiteres Beispiel ist der Jahrhundertgeiger Michael Rabin, dessen musikalische Karriere schon sehr früh begann. Die unglaublich hohen Anforderungen dessen führten deshalb auch schon sehr früh zu starkem Drogenmissbrauch. Er starb auf tragische Weise mit 35 Jahren. Ob aufgrund von Suizid oder eines Unfalls ist nicht geklärt. Eine solche Liste könnte noch fortgesetzt werden, doch die Aussage selbst dieser beiden Beispiele ist eindeutig: Ein zu ehrgeiziges Bestreben der Eltern und des Marketingbetriebes können tragische Konsequenzen nach sich ziehen und sind moralisch nicht vertretbar. Doch wir sind auch heute vor einer solchen Verzweckung der Kinder nicht gefeit. Immer wieder hört und erlebt man, wie hierzulande und in asiatischen Ländern, v.a. in China, der musikalische Drill bei Kindern sehr hoch ist. Natürlich liegt es bei einer Ein-Kind-Politik, anderen widrigen politischen Umständen, oder einfach bei dem gesellschaftlichen Drang nach Ruhm nahe, bei dem vielleicht einzigen Nachwuchs alles auf eine Karte zu setzen. Nur sind doch Kinder keine Karten und somit auch nicht Bestandteil eines Glücksspiels! Liebe zur Musik ist es, für dessen Förderung bei Kindern ein gutes Umfeld geschaffen werden muss, denn sie ist eine der lebensnotwendigsten Bereicherungen, die wir im Leben haben und kein Mittel zur materiellen Bereicherung und zur Aneignung von Ruhm. Das MKO ist hier positiv zu erwähnen, da dessen Konzerte auf mich den Anschein eines Musizierens um der Musik und nicht der Präsentation willen erwecken. Diese Atmosphäre ist in einem Marketingbetrieb und mit elterlichem Drill nicht gegeben. Sollte es Usus sein, dass etwas so Wunderbares wie Musik solche tragischen Auswirkungen hat, indem wir darin einen egoistischen Zweck sehen, ist der Mensch, meiner Meinung nach, auf dem besten Wege zur Selbstzerstörung! SH
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AutorWir sind Schüler in der Oberstufe des musischen Pestalozzi Gymnasiums München. Unser P-Seminar im Fach Musik arbeitet eng mit dem MKO (Münchener KammerOrchester) zusammen. Wir bekommen Einblicke in die Arbeit der Profimusiker, der Manager und in so ziemlich alle Arbeitsbereiche einer solchen Institution. Einträge
Januar 2016
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