Neuer Chef der Berliner Philharmoniker gesucht! Gedanken zu einem elfstündigen Warten ohne Ergebnis5/19/2015 Der 11.05.2015 sollte ein wichtiger Tag für das weltberühmte Orchester, die Berliner Philharmoniker werden: Sir Simon Denis Rattle, seit 2002 Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, beendet seinen Vertrag, wie angekündigt, 2018. Doch wer soll ihn ersetzen? Die Stellenausschreibung müsste Folgendes beinhalten: Wir suchen einen genialen Musiker und Marketingstrategen, einen konfliktbereiten Chef mit klarer Ansage und charismatischer Ausstrahlung. Wir, eines der besten Orchestren der Welt, bestehen aus 124 Individualisten, die aktiv bei der Bestimmung unserer Programme, Gastdirigenten, Solisten und Neubesetzungen mitwirken. Wir bieten einen außertariflich dotierten, zeitlich begrenzten Vertrag.
Aber warum muss neben einem genialen Musiker der Chef ein Medienmanager und Marketingstratege sein, ein IT-Guru? Es ist nicht das Geschäftsmodell der klassischen Zukunft, die Magie des Live-Konzertes im Saal zu ersetzen, aber dennoch findet es großen Anklang. Die Frage nach dem Nachfolger stellten sich alle 124 wahlberechtigten Musiker in der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem. Es erfolgte eine geheime Vorentscheidung hinter verschlossenen Türen, die ein Anwalt überwachte. Dann kam es zur endgültigen Wahl. Das geheime und genaue Zahlenverhältnis kennen nur der Anwalt und der Orchestervorstand. Bisher wurde immer eine Einigung erzielt und ein Nachfolger bestimmt. Nach über elf Stunden Verhandlung dann aber die große Enttäuschung: Der Orchestervorstand, Herr Peter Riegelbauer, verkündete die gescheiterte Wahl. Viele fassungslose Klassikfans fragen sich nun, was jetzt aus den „Berlinern“ werden soll. Mit Simon Rattle ist das Orchester in der demokratischen Moderne angekommen. Die Wahl seines Nachfolgers ist so spannend wie ein Konklave. Ich persönlich war erstaunt, dass sich dieses Spitzenorchester nicht einigen konnte, wo ich sie doch am 18.04.2015 als eingeschweißtes Team im Gasteig gehört habe. Es standen doch viele erfahrene Dirigenten zur Wahl: Andris Nelsons (lettischer Chef des Boston Symphony Orchesters), Gustavo Dudamel (Jungstar aus Venezuela), Christian Thielemann (einstiger Karajanassistent) und Daniel Barenboim. Sie alle sind Ausnahmemusiker verschiedener Prägung. Aus diesen Dirigenten und 30 bis 40 weiteren sollte nun der Nachfolger bestimmt werden, der 2018 den Platz von Sir Simon Rattle übernehmen soll. Dieser will 2017 Chefdirigent des „Symphony Orchestras“ in London werden und bis zu seinem Vertragsende zwischen London und Berlin pendeln. Eine Frage, die sich mir bei diesen vorgeschlagenen Personen stellt, ist, warum nur Männer und keine Dirigentin seinen Platz einnehmen dürfen… Immerhin, die Gründe für das Scheitern sind bereits bekannt: Einige Musiker wünschen sich nach über einem Jahrzehnt Rattle Veränderungen in der Programmauswahl. Die Streicher favorisierten Christian Thielemann, der sich aber mit Äußerungen zur Pegidabewegung unbeliebt gemacht hatte. Naja, etwas positives gab es doch: Die Wahl verlief laut Riegelbauer in einer „freundschaftlichen und kollegialen Atmosphäre“. Die Wahl soll sich im nächsten Jahr wiederholen, diesmal hoffentlich mit positivem Ergebnis in Form einer Einigung. Vielleicht gelingt es mit göttlicher Eingebung und nicht zu viel „Unvollendete“ (8. Symphonie von Schubert) im Programm, diesmal die beste Dirigentenstelle der Welt zu besetzen. „Die Stunden in der Berliner Philharmonie sind und bleiben für mich die Mitte der Welt“ sagte Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Dieser Aussage kann ich mich zu 100% anschließen. CB
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AutorWir sind Schüler in der Oberstufe des musischen Pestalozzi Gymnasiums München. Unser P-Seminar im Fach Musik arbeitet eng mit dem MKO (Münchener KammerOrchester) zusammen. Wir bekommen Einblicke in die Arbeit der Profimusiker, der Manager und in so ziemlich alle Arbeitsbereiche einer solchen Institution. Einträge
Januar 2016
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