„Was wollt ihr denn mit Musik? Mit einer Fidel kann man doch nicht die Welt verbessern!“, so rief einst ein Lehrer in meine Klasse. Diese Meinung teilen wohl einige. Braucht man Musik also? Theoretisch nicht, aber dann könnte man ebenso auf Himbeermuffins, Shampoos und den Fernseher verzichten.
Musik ist (eben) eine Kunst, also prinzipiell nichts Lebensnotwendiges, jedoch mit einer beeindruckenden Wirkung: Bestimmt hat man schon mal von den Studien gehört, welche beweisen, dass das Gehirn der Profimusiker neue Verknüpfungen herstellt und sich bestimmte Bereiche des Gehirns vergrößern. Wenn man bedenkt, dass beim Praktizieren der Musik Konzentration, Koordination, Gedächtnis etc. trainiert werden, dann ist das auch nicht gerade verwunderlich. Selbst beim Musikhören wird das Gehirn beansprucht. Einen Einblick in ihr Musikerleben gewährt uns die Profigeigerin Andrea Schumacher vom MKO in einem Interview. Für sie spielt besonders die klassische Musik ein Rolle und hat demnach einen großen Einfluss: „Als Berufsmusikerin ist es manchmal nicht leicht, klassische Musik entspannt und unvoreingenommen zu hören, da ich ja innerlich immer mitspiele, sozusagen mental dabei übe, natürlich besonders bei Stücken, die zu meinem Repertoire gehören.“ Außerdem treibt Musik uns zu Hochleistungen, was eine Forschung des Max-Planck-Instituts Leipzig zeigt: Es wurde herausgefunden, dass mit Sportgeräten, die Musik erzeugen eine höhere Leistungsfähigkeit erzielt werden kann, die durch die Motivation und die Freude an der Musik sowie den gleichmäßigen Rhythmus hervorgerufen wird. Aber die Musik unterstützt den Menschen auch seelisch in schwierigen Situationen. „Meine Schwester (mit 3 Kindern!) verlor ihren Mann beim Klettern, und ich spielte in der Kirche bei der Trauerfeier, da half die Musik mir und den Angehörigen, sie war Trost und lud ein, sich dem Kreislauf von Leben und Tod hinzugeben.“, teilt uns Frau Schumacher mit. Und es scheint wahr zu sein, denn wenn meine Welt in Trümmern liegt, verkrieche ich mich gern in mein Zimmer, denke an einen der Beatle-Songtexte „Take a sad song and make it better“ und summe ein trauriges Lied, treffe die Töne manchmal nicht ganz, aber das spielt dann keine Rolle, denn ich fühle mich vom Universum etwas verstanden. Musik ist also eine Art Sprache bei der dem Zuhörer Emotionen durch Schwingungen vermittelt werden. Und das Faszinierende ist, dass Gottes Fluch über Babylon bei der Musik eine Ausnahme macht: Denn jeder auf der Welt versteht diese Sprache. Die Bedeutung der Musik in unserer Gesellschaft beschreibt Andrea Schumacher so: „Ich bin davon überzeugt, dass es äußerst wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche nicht nur reines Kopfwissen anhäufen, sondern durch kreatives Tun, wie Musizieren, in ihrem ganzen Wesen gebildet werden. Was ich immer wieder feststelle, ist, dass ich nach gutem Üben in einem hellwachen, gesammelten, zufriedenen und erfüllten Zustand bin, das gilt auch bei Orchesterproben, wenn das Musizieren und die Arbeitsatmosphäre im Fluss sind. Es kann passieren, dass ich über die Musik Lebenserkenntnisse bekomme und auch das gemeinsame Musizieren eine ganz eigene soziale Bindung herstellt.“ Auf die Frage, ob sie Musik brauche, antwortete Andrea Schumacher: „Wenn ich im Urlaub länger gar keine klassische Musik gehört habe, merke ich oft erst hinterher, wie sehr sie mir gefehlt hat. So ist es mir mal passiert, dass mir bei den ersten Klängen einer Mozart-Sinfonie (über Kopfhörer im Flugzeug) die Tränen kamen vor Freude, Sehnsucht, Verstanden-werden und tiefer Berührung der Seele…“ WD
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
AutorWir sind Schüler in der Oberstufe des musischen Pestalozzi Gymnasiums München. Unser P-Seminar im Fach Musik arbeitet eng mit dem MKO (Münchener KammerOrchester) zusammen. Wir bekommen Einblicke in die Arbeit der Profimusiker, der Manager und in so ziemlich alle Arbeitsbereiche einer solchen Institution. Einträge
Januar 2016
|